Gemeinsam feierten Mitarbeiterinnen, Jugendliche und Senioren das zehnjährige Bestehen der Willicher Taschengeldbörse. Caritas-Vorstand Christian Schrödter (r.) zeichnete Ursula Meisel (mit Urkunde) für ihr ehrenamtliches Engagement aus.Caritas / Balsen
Vor ein paar Tagen haben Anneliese Jung (85) und Amelie Leszinski (14) noch gemeinsam im Garten gearbeitet. "Wir mussten einen Fliederstrauch zerkleinern", erzählt die Seniorin, die in Alt-Willich lebt. Sie freut sich über Amelies Unterstützung, die sie seit einem Jahr immer wieder mal in Anspruch nimmt. Und Amelie sagt: "Es ist toll, dass ich helfen kann. Ich lerne fürs Leben, sammele viele Erfahrungen und kann zusätzliches Taschengeld verdienen." Zehn Euro erhält sie pro Stunde von Anneliese Jung und damit etwas mehr als die offiziell empfohlenen neun Euro. So kann sie sich kleine Wünsche erfüllen, etwa wenn sie in der Stadt etwas Schönes zum Anziehen sieht oder Schmuck entdeckt, der ihr gefällt.
Kürzlich hat Amelie ihrer Schulfreundin Marie aus der 10. Klasse des St.-Bernhard-Gymnasiums von ihrem Engagement im Rahmen der Willicher Taschengeldbörse erzählt. Die 15-Jährige hat sich nun ebenfalls angemeldet. "Mir macht es einfach Spaß zu helfen, und man sieht auch, dass Menschen dadurch glücklicher werden", erklärt Marie. Ein- bis zweimal in der Woche will sie nun "einfache und unregelmäßige Aufgaben" übernehmen, um andere im Alltag zu entlasten, wie es im Konzept der Willicher Taschengeldbörse heißt. Dazu könnte beispielsweise gehören, gemeinsam einzukaufen, den Sperrmüll an die Straße zu stellen, im Herbst das Laub zu fegen, beim Umgang mit dem Computer oder Smartphone zu helfen - oder auch einfach mal zusammen einen Kuchen zu backen.
"Derzeit sind 70 Jugendliche und 136 Seniorinnen und Senioren bei der Willicher Taschengeldbörse angemeldet", berichtet Melina Friedrich, Leiterin des vom regionalen Caritasverband getragenen Freiwilligen-Zentrums Willich. Während der Feier zum zehnjährigen Bestehen in der Begegnungsstätte Schiefbahn machte sie zugleich deutlich, dass die Beziehung zwischen Alt und Jung keine Einbahnstraße ist: "Viele ältere Menschen teilen gerne ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit den Jugendlichen und freuen sich über den Kontakt." Seit der Gründung der Willicher Taschengeldbörse vor zehn Jahren haben rund 160 Schülerinnen und Schüler ihre Mitarbeit angeboten und 190 Ältere eine Unterstützung nachgefragt.
Mit Sabine Gerling und Bärbel Nelke kümmern sich zwei hauptamtliche Koordinatorinnen um die Willicher Taschengeldbörse. Als ehrenamtlich engagierte Vermittlerinnen bringen Margret Ungermanns, Anne Kilburg und Anja Teschen die passenden Paare zusammen. Am Anfang werden in persönlichen Gesprächen die Rahmenbedingungen für alle Beteiligten geklärt. So benötigen die zwischen 14 und 17 Jahre alten Schülerinnen und Schüler das schriftliche Einverständnis ihrer Eltern. Übrigens: Aktuell haben sich viele Jugendliche aus Anrath gemeldet, die bei der Taschengeldbörse mitmachen möchten. "Hier wünschen wir uns noch einige Seniorinnen und Senioren, die Unterstützung benötigen", sagt Melina Friedrich.
Ursula Meisel hat das Angebot zusammen mit der damaligen Caritas-Gemeindesozialarbeiterin Melanie Genz nach dem Vorbild der Taschengeldbörse in Viersen aufgebaut. Schon seit 2003 ist sie ehrenamtlich in Willich aktiv. Ihr Engagement wurde jetzt mit dem Silbernen Ehrenzeichen des Deutschen Caritasverbandes gewürdigt. Christian Schrödter, Vorstand des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen, überreichte ihr die hohe Auszeichnung während der Jubiläumsfeier. Er dankte ihr und allen weiteren Mitarbeiterinnen herzlich für ihren Einsatz. Die Taschengeldbörse sei ein "Win-win-Projekt, von dem alle profitieren", sagte Schrödter. Der Caritasverband ist so überzeugt von dem Angebot, dass er es gerade auch in Nettetal gestartet hat.
Wie sehr die Taschengeldbörse hilft, wird auch immer wieder in Rückmeldungen an das Team deutlich. Eine davon kam von einem gesundheitlich sehr eingeschränkten älteren Mann, der Unterstützung beim Rausstellen der Mülltonnen benötigte. Das übernahm eine Schülerin, die auch heute noch Einkäufe für ihn erledigt. In einem Telefonat mit der ehrenamtlichen Vermittlerin Margret Ungermanns machte der Senior deutlich, wie wertvoll diese Hilfe für ihn ist: "Sie haben mir einen Engel geschickt", sagte er.
Auch Anneliese Jung ist dankbar für die Mitarbeit der 14-jährigen Amelie. "Das ist wirklich eine gute Sache", betont sie. Dabei ist Amelie schon die zweite Jugendliche, die sie im Rahmen der Taschengeldbörse unterstützt: Die Schülerin hat die übernommenen Aufgaben bei der 85-Jährigen von ihrer drei Jahre älteren Schwester Annika geerbt.
Kontakt zur Willicher Taschengeldbörse unter Telefon 02154-949773 oder per Mail an tgb-willich@caritas-viersen.de.