Gute Laune und die Aussicht auf leckere selbstgemachte Tapas: Die aus dem Trauercafé des Caritasverbandes hervorgegangene Aktivitätengruppe traf sich zum gemeinsamen Kochen.Foto: Caritas / Balsen
Im Mai 2022 starb Christophs Frau. Gut eineinhalb Jahre später machte er eine Reha und dachte in manchen Momenten selbst, was Freunde und Bekannte ihm bereits signalisiert hatten: "Irgendwann ist es doch mal gut mit der Trauer." Heute sagt der 66-Jährige: "Es ist völlig okay, egal wie lange man trauert."
Auch das hat der inzwischen im Ruhestand befindliche Architekt und Sachverständige im Trauercafé des Caritasverbandes gelernt, das er lange besucht hat. Vor allem aber traf er hier Menschen, die wussten, was er durchmachte, weil es ihnen ganz ähnlich ging. "Das Besondere am Trauercafé ist für mich, dass ich hier erzählen konnte - und dass es Menschen gab, die zuhörten", berichtet er.
Die gleichen Erfahrungen hat Regina gemacht. Ende 2021 starb ihr Mann, fünf Monate später lernte sie die Trauergruppe kennen. "Das tat einfach gut", sagt sie. Für viele Menschen im Umfeld sei ihr Verlust irgendwann "abgehakt" gewesen. "Andere können die Ängste nicht nachvollziehen, die man hat", fügt sie hinzu. Das bestätigt Ulla, die 2018 ins Trauercafé kam. "Ich habe mich sehr verstanden und getragen gefühlt."
Regina, Ulla und Christoph haben das Trauercafé ein oder zwei Jahre oder noch länger besucht und irgendwann für sich festgestellt, dass sie die intensive Arbeit an ihrer Trauer nicht mehr benötigten. Im Laufe der Zeit hatten sich jedoch Beziehungen und Freundschaften entwickelt, die sie weiter pflegen wollten. So entstand die "Aktivitätengruppe". Dahinter verbirgt sich genau das, was der Name aussagt: "Wir verabreden uns per WhatsApp, sei es zu einem Konzert, einem Kino- oder Theaterbesuch, zu einer Fahrradtour oder um miteinander essen zu gehen", erzählt Ulrike, die seit 2018 verwitwet ist.
Kürzlich etwa haben sich sieben Frauen und Männer zum gemeinsamen Kochen in der Familienbildungsstätte Viersen getroffen. Es gab Tapas in der spanischen, griechischen und italienischen Variante. Auch Susanne Kiepke-Ziemes und Doris Zingsheim waren dabei. Die beiden Caritas-Mitarbeiterinnen leiten seit Jahren gemeinsam das Trauercafé. Inzwischen haben sie weit über über 200 Menschen beraten und erfahren: Trauer ist sehr individuell. "Bei den meisten löst sie massiven Stress aus - deshalb geht es Trauernden oft auch körperlich schlecht", sagt Susanne Kiepke-Ziemes. Helfen könnten Spaziergänge, Musik hören, über die eigenen Empfindungen reden. "Trauernde leben zwischen zwei Polen: Sie vermissen den geliebten Menschen - das tut weh. Gleichzeitig fragen sie sich, wie sie den Alltag bewältigen sollen", erklärt die Caritas-Mitarbeiterin. Aber es gebe auch Menschen, die nicht oder nicht so sehr trauern, weil es sie in einer resilienten Phase trifft, etwa weil sie gerade im Beruf gefordert sind.
Die Trauerberatung des Caritasverbandes ist offen für neue Ratsuchende. "Wir leisten hier eine Arbeit, die Hoffnung macht. Und wir erleben, wie die trauernden Menschen eine Perspektive für sich finden", erläutert Doris Zingsheim. Wie Christoph. Vor fünf Monaten passierte etwas, das er als einen "unbeschreiblichen Glücksfall" und als "großes, großes Geschenk" beschreibt: "Völlig unerwartet" kam er mit einer ebenfalls verwitweten Frau zusammen. "Wir wissen beide, dass es noch dauert mit der Trauer um unsere verstorbenen Partner. Irgendwie sind wir zu viert. Aber die Trauer hat ihren Platz, und sie ist lebbar", erklärt der 66-Jährige. Für ihn ist die neue Beziehung der Beleg, dass man nie "nie" sagen sollte.
Und wer weiß, ob all das ohne den Besuch des Trauercafés möglich gewesen wäre. "Ich habe hier nicht nur gelernt, mit der Trauer umzugehen, sondern auch viel über mich selbst - zum Beispiel, dass ich gut allein sein kann", sagt Christoph.
Informationen auf der Caritas-Website unter www.caritas-viersen.de, Kontakt: Doris Zingsheim, Tel. 0170-1005470, Susanne Kiepke-Ziemes, Tel. 02162-93893592, Mail s.ziemes@caritas-viersen.de