Soziale Themen standen im Mittelpunkt des Fachgesprächs, das die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Viersen mit den Landrats-Kandidaten für die Kommunalwahl führte. Auf dem Foto von links: Barbara Shahbaz (Der Paritätische NRW e. V., Kreisgruppe Viersen), Nadia Khalaf (AWO), Dr. Jens-Christian Winkler (Bündnis 90/Die Grünen), Ludger Firneburg (Diakonie Krefeld & Viersen), Annalena Rönsberg (SPD), Detlef Blank (DRK), Bennet Gielen (CDU), Ulrich Krause (Caritasverband Kempen-Viersen).Caritas / Balsen
Drei Fragen standen im Mittelpunkt der Diskussion im Viersener Haus der Caritas: Wie erreichen wir, dass es im Kreis Viersen künftig genügend Fachkräfte im sozialen Bereich gibt? Was kann auf der lokalen Ebene gegen die zunehmende Einsamkeit vieler Menschen getan werden? Und wie lässt sich der ab August 2026 bestehende Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule umsetzen? Dazu tauschten sich die Spitzen der Wohlfahrtsverbände im Kreis Viersen mit den drei Kandidaten aus.
Wie sehr Themen miteinander zusammenhängen, zeigte sich beispielsweise bei der Gewinnung von Fachkräften in sozialen Berufen. Dazu müsse es genügend bezahlbaren Wohnraum geben, vielleicht sogar ein Wohnheim für Auszubildende, sagte Annalena Rönsberg. Ihr Mitbewerber Jens-Christian Winkler regte einen Austausch mit den Wohnungsgesellschaften im Kreis an, während Bennet Gielen ein verpflichtendes soziales Jahr vorschlug. "Ich wünsche mir vom Kreis Viersen, dass er den Wohlfahrtsverbänden die finanziellen Spielräume gibt", sagte Gielen mit Blick auf die Gewinnung von Mitarbeitenden. Eine finanzielle Förderung kann sich Nadia Khalaf (Arbeiterwohlfahrt) für die Kinderpflege vorstellen. Für diese Ausbildung gebe es mehr Anfragen - für den länger dauernden Erzieher-Abschluss hingegen immer weniger. Caritas-Vorstand Ulrich Krause betonte, wie wichtig es sei, dass ausländische Abschlüsse möglichst schnell und unbürokratisch anerkannt würden.
Einsamkeit - dieses "Tabu-Thema" sprach Ludger Firneburg von der Diakonie Krefeld & Viersen an. Und schnell wurde klar: Wer dabei nur an ältere Menschen denkt, liegt falsch. "Das Problem nimmt zu, auch bei Jugendlichen", sagte Firneburg, und Barbara Shahbaz (Der Paritätische) fragte: "Ist Einsamkeit demokratiegefährdend?" Die Politiker machten deutlich, dass sie dem Thema einen hohen Stellenwert einräumen. Bennet Gielen schlug vor, "Plauderkassen" in Supermärkten einzurichten oder eine "freundliche Bank" im Rahmen der Quartiersentwicklung, auf der ältere Menschen mit Sozialarbeitern oder ehrenamtlich Engagierten ins Gespräch kommen können. Bei Jugendlichen müsse in Prävention investiert werden, beispielsweise in Schulsozialarbeit.
Jens-Christian Winkler möchte die Angebote der Kreisvolkshochschule wieder mehr in die Städte und Gemeinden bringen, etwa in Zusammenarbeit mit Gastronomen. Annalena Rönsberg erklärte, eine wichtige Rolle gegen Einsamkeit spielten die Vereine und Sport. Der Kreis Viersen könne hier ein Konzept erarbeiten und eine koordinierende Funktion übernehmen.
In etwa einem Jahr gilt in Nordrhein-Westfalen ein Rechtsanspruch auf einen Platz in der Offenen Ganztagsschule für alle Kinder der ersten Klasse. Dieser Anspruch wird jährlich um eine Klassenstufe erweitert. Nadia Khalaf berichtete, schon heute spielten sich in manchen Schulen "dramatische Szenen" bei der Essensversorgung ab. "Die Gebäude sind die Schwierigkeit", sagte sie, und ihr Kollege Detlef Blank, geschäftsführender Vorstand beim Deutschen Roten Kreuz Kreisverband Viersen, ergänzte: "Wir müssen Räume schaffen und geeignetes Personal bekommen." Konkret schlug er eine Fortbildung zur zertifizierten Schulbetreuungskraft vor.
Die Politiker waren sich einig: Das Problem sei, dass es vom Land keine gesetzlichen Vorgaben gebe. "Die Kommunen sind am Ende die, die im Regen stehen", sagte Annalena Rönsberg. Auch Bennet Gielen bezeichnete es als schwierig, dass vom Land keine Qualitätsstandards vorgegeben würden: "Ich möchte, dass die Kinder die Möglichkeit haben, in einem separaten Raum zu essen", erklärte er. Alle drei Kandidaten plädierten dafür, dass sich der Kreis Viersen gemeinsam mit den Städten und Gemeinden auf den Weg machen solle.
Welches Thema und welches Ziel ihnen persönlich besonders am Herzen lägen, wollte Moderator Georg Maria Balsen am Ende von den Kandidaten wissen. Die Antworten kamen prompt: Bennet Gielen nannte den Kinderschutz, Annalena Rönsberg hob die Prävention und den Austausch hervor, und für Jens-Christian Winkler ist es der Zusammenhalt.