Helmut Delvos: „Ohne Tagespflege wäre ich allein“
Von wegen ruhige Kugel: Mit viel Schwung ist Helmut Delvos beim Tischkegeln in der Caritas-Tagespflege dabei.Caritas / Balsen
Helmut Delvos ist eine Ausnahme, und das in mehrfacher Hinsicht. So kommt er mit seinem Elektromobil in die Caritas-Tagespflege und wird nicht von Angehörigen oder einem Taxi gebracht. Von seiner Wohnung bis zur Einrichtung ist es ungefähr ein Kilometer, und wenn es nicht regnet, legt Delvos die Strecke allein zurück. Entschuldigung, das stimmt natürlich so nicht. Ihn begleitet - und das ist die zweite Besonderheit - sein schwarzer Zwergpudel Siri. "Den hab‘ ich von meiner Frau geerbt", erzählt der Dülkener.
57 Jahre war Helmut Delvos mit seiner Hannelore verheiratet. Dann starb sie vor fünf Jahren. "Ich saß zu Hause mit dem Hund und dem Fernseher", beschreibt er die Zeit danach. Ihm sei die Decke auf den Kopf gefallen.
Auf seinen Spaziergängen mit Siri war er oft an der Caritas-Tagespflege vorbeigekommen. Zwar wusste er nicht genau, was sich hinter der Bezeichnung verbarg, aber das ließ sich ja herausfinden: Eines Morgens klingelte Delvos an der Tür und informierte sich über das Konzept und die Voraussetzungen für einen Besuch - auch das eine Ausnahme, denn normalerweise nehmen Angehörige den Kontakt auf, wie die kommissarische Leiterin Lena Krohn berichtet. Kurz darauf lernte Helmut Delvos die Caritas-Tagespflege bei einem "Schnuppertag" näher kennen. Und was er sah, gefiel ihm.
Das ist jetzt viereinhalb Jahre her. Anfangs kam er an einem Tag, inzwischen besucht der 85-Jährige die Tagespflege dreimal in der Woche. Er hat Pflegegrad 3, wegen einer demenziellen Erkrankung und der Folgen einer Kinderlähmung. "Mir geht es gut hier, außerdem ist es gemütlich", sagt er. Am liebsten hält er sich draußen auf. "Ich brauche frische Luft. Im Sommer sitze ich den ganzen Tag mit einer Zeitschrift auf der Terrasse", berichtet er. Rummikub spielt er gerne und Bingo, beim Kegelspiel hat er ebenfalls Spaß und die Gymnastik macht er auch mit. "Ohne die Tagespflege wäre ich allein. Hier hingegen habe ich Abwechslung", erzählt er.
Sing-Leidenschaft
Wenn gesungen wird in der Tagespflege, "brumme ich meistens dazwischen", schmunzelt Delvos. Viele Jahrzehnte war das Singen seine große Leidenschaft. Der Tenor war mehr als 40 Jahre im Dülkener Quartettverein "Eintracht", außerdem im Sängerbund und im gemischten Chor von "Miteinander-Füreinander". Wenn heute im Fernsehen eine Unterhaltungssendung läuft, singt er schon mal mit. In der Tagespflege schwänzt er normalerweise nur das morgendliche Vorlesen aus der Zeitung. "Ich schaue sämtliche Nachrichtensendungen - was in der Zeitung steht, weiß ich dann alles schon", sagt Delvos. Stattdessen geht er lieber mit Siri eine Runde spazieren.
Mit den anderen Gästen versteht er sich gut. "Differenzen gibt es überall, aber ich komme mit jedem zurecht", sagt er - kein Wunder: Helmut Delvos war lange für Lebensmittelunternehmen im Außendienst beschäftigt, seine Kunden waren Schausteller, Konditoren und Gastronomen. Mit 60 ging er nach einem Herzinfarkt in Rente. Er lebt nach wie vor in dem Haus, das er 1970 gekauft hat, als er von Mönchengladbach nach Dülken zog. Delvos wohnt im Erdgeschoss, einer seiner beiden Söhne mit seiner Frau darüber. Die Schwiegertochter kocht an zwei Tagen für ihn, ein paarmal im Monat kommt ein Mahlzeitendienst.
Apropos Mahlzeitendienst: In der Caritas-Tagespflege wird jeden Tag frisch gekocht. Heute gibt es Frikadellen mit Kohlrabi, Kartoffeln und Rahmsoße - und als Dessert Quarkspeise mit Mandarinen, erläutert Lena Krohn. Helmut Delvos lässt es sich schmecken, wie die übrigen Gäste auch. Und was ist mit Siri? Lena Krohn lacht: "Da fällt genug runter", sagt sie.