Sterbende und trauernde Menschen brauchen jemanden an ihrer Seite
Der Abschied von sterbenden Menschen in Zeiten von Covid-19 ist nur selten möglich. Aber die betroffenen Menschen brauchen gerade jetzt in ihrer Not und Angst jemanden an ihrer Seite. Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften jetzt "Empfehlungen zur Unterstützung von belasteten, schwerstkranken, sterbenden und trauernden Menschen in der Corona-Pandemie aus palliativmedizinischer Perspektive" veröffentlicht. Zu den Autorinnen und Autoren des Papiers gehört Susanne Kiepke-Ziemes, die beim Caritasverband für die Region Kempen-Viersen das Projekt "Würdige Sterbebegleitung" koordiniert.
Die DGP hat ihre Empfehlungen gemeinsam mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dem Bundesverband Trauerbegleitung (BVT), der Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (PSO), der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen (DVSG) und der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) veröffentlicht. Damit ergänzt die wissenschaftliche Fachgesellschaft mit 6.000 in der Palliativversorgung tätigen Mitgliedern ihre bereits erschienenen Handlungsempfehlungen zur Therapie und Symptomkontrolle.
Erhebliche Belastungen
"Die Einschränkungen bei Besuchsmöglichkeiten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie sämtliche Konsequenzen der Isolation der COVID-19 Patientinnen und Patienten sorgen bei vielen für erhebliche psychosoziale, aber auch spirituelle Belastungen. Das betrifft vor allem schwer Kranke und die Menschen, die ihnen nahestehen", erläutert DGP-Vizepräsident Urs Münch, Dipl.-Psych. und Psychoonkologe an den DRK Kliniken Berlin Westend. "Diese Empfehlungen sind notwendig gerade angesichts dessen, dass in Folge der Corona-Pandemie auch andere Begleitungs- und Unterstützungsangebote verringert oder ganz eingestellt worden sind."
Der Verlust von körperlicher Nähe und Berührung belastet Schwerstkranke, Sterbende und ihre An- und Zugehörigen besonders. Er beeinträchtigt den Prozess der Abschiednahme und kann den Trauerprozess erschweren, so Heidi Müller, Trauerberaterin, Trauerforscherin und Sprecherin der AG Psychosoziale und Spirituelle Versorgung der DGP.
Viel Verantwortung für Pflegekräfte
"In dieser existentiellen Krisensituation lastet die Aufgabe der psychosozialen Unterstützung der schwersterkrankten Menschen in ihrer Not und Angst somit größtenteils und zusätzlich zu allem anderen auf den Schultern der Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte vor Ort", betont Teresa Deffner von der DIVI, Psychologin auf der Operativen Intensivstation und der Pädiatrischen Intensivstation am Universitätsklinikum Jena und Mitautorin der Empfehlungen: "Gerade diese belasteten Teams brauchen dringend psychosoziale Unterstützung und Entlastung, um mit der Verantwortung und dem Druck zurechtzukommen, dem sie zunehmend ausgesetzt sind."
Die psychosoziale und spirituelle Begleitung und Unterstützung für Betroffene, deren An- und Zugehörige und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist unter den besonderen Umständen der Pandemie von herausragender Bedeutung, begründen die Autorinnen und Autoren die Vorlage der Empfehlungen.